Über Ideologien

Wir sind umgeben, quasi eingehüllt, von Ideologien, das heißt Systemen von Aussagen über die Welt und die Gesellschaft, das Leben, den Tod (und was danach kommt oder kommen kann/könnte), über Ziele, Wunschvorstellungen und Kritik an Bestehendem. Ideologien werden in Wort und Bild verbreitet, heutzutage vermehrt in elektronischen Medien, von denen begierig Gebrauch gemacht wird.

Es gab und gibt die verschiedensten Ideologien: die Ideologie der Sklavenhalterzeit und gottgewollter Könige, die Ideologie der Aufklärung und der Freiheit, diejenige des Klassen- und des Rassenkampfes, die Blut-und-Boden-Ideologie und den Führerkult. Letzterer grassierte nicht nur in Deutschland, sondern auch in Italien ("Duce" bedeutet "Führer") sowie weiteren europäischen Ländern und setzte sich unter anderem fort im südamerikanischen Kuba sowie in der "Volksrepublik" China. Stark verbreitet sind die Ideologie des Geldes und des wirtschaftlichen Wachstums sowie Ideologien zum Verhältnis zwischen Männern und Frauen, einschließlich behaupteter Mischformen.

Weltliche und geistliche (religiöse) Ideologen betreiben Propaganda, teilweise auch Lügen. Manche setzen Gegner und Abtrünnige unter Druck bis hin zu deren Vernichtung. Das war in der Vergangenheit so und hat sich in verschiedenen Ländern bis heute erhalten.

Dabei ist Ideologie an sich nichts Schlechtes. Der Begriff kommt vom Griechischen eidos, das (gedankliches) Bild, geistige Vorstellung usw. bedeutet und in unserer Sprache als "Idee" fortlebt. Verwandt ist "Ideologie" mit dem deutschen Wort "Weltanschauung".[1] Bei politischen Auseinandersetzungen werden Ideologien bisweilen abwertend mit negativem Vorzeichen versehen. Wenn ich hier auch die Religion als ideologiehaltig bezeichne, ist das völlig neutral und keineswegs herabsetzend gemeint.

Beim jüdisch-christlichen Glauben begegnen wir sehr früh dem Bibelwort, dass Gott den Menschen "nach Seinem Bilde" erschuf. Dies übersetze ich mit: wie Er ihn sich vorstellte und haben wollte. Hiernach schuf Gott das erste, meines Erachtens nur symbolisch zu verstehende, Menschenpaar so, dass es gehorsam wie auch ungehorsam sein konnte. Es wählte die zweite Möglichkeit und sollte, wie Gott es angekündigt hatte, noch am selben Tage sterben (1.Mose2,15-17), lebte aber trotzdem weiter. Bildhaft sind in der Geschichte vom Paradies auch der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse und eine sprechende Schlange.

Aus dem Verhalten von Adam und Eva entwickelte sich in der katholischen Kirche die nicht-biblische Lehre von der Erbsünde mit dem zusätzlichen Dogma, dass Maria, die Mutter Jesu, von dieser frei ist. Die Geburt des Heilands unter wundersamen Umständen, Sein freiwilliger Kreuzestod zur Erlösung aller Menschen, die an Ihn glauben, von ihren Sünden gehören ebenso zur christlichen Ideologie wie Jesu Auferstehung und Himmelfahrt. (Letztere wird nach neuestem päpstlichem Dogma von 1950 auch für Maria postuliert!). Weitere Bestandteile sind die Psalmen und andere Bitt- und Dankgebiete, dazu Lob und Preis Gottes, Seines Sohnes und des Heiligen Geistes in Liedern und ausgedehnten geistlichen Chorwerken, in Gemälden, prachtvollen Domen und Kathedralen. Wesentlich sind auch die vier "Soli" Martin Luthers.[2]

Dies alles, was Christen - zum Teil voneinander abweichend - glauben, halten Atheisten und Agnostiker für falsch, überflüssig und schädlich und entwickeln dagegen eigene, zum Teil hasserfüllte Ideologien.

Aber auch die areligiöse Physik enthält Ideologisches: sie verwendet nicht nur eine reiche Bildersprache[3], sondern lehrt manches, das weder bewiesen noch beweisbar ist. Hierzu gehören Aussagen wie: "Die Welt ist erkennbar." und "Alle im irdischen Labor entdeckten physikalischen Gesetze gelten im ganzen Universum." Zudem gibt es in der Theoretischen Physik Forscher, die weniger nach "Wahrheit" suchen (was immer das ist!), sondern sich bei ihren "Formeln" und Theorien an deren Schönheit, Einfachheit, Eleganz und Symmetrie erfreuen. Diese Eigenschaften als Ziel zu sehen, wird von anderer Seite schroff abgelehnt.[4] Offenbar handelt es sich auch hier um ein ideologisches Problem.

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[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Weltanschauung
[2] www.hjcaspar.de/~sola.htm
[3] www.hjcaspar.de/~bilderspr.htm
[4] Sabine Hossenfelder: Das hässliche Universum,
s. dort Leseprobe, ab Erstes Kapitel (mehrfach scrollen)

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