Ein seltsames Experiment

In einer tiefschürfenden Arbeit über die Vereinheitlichung aller Kräfte behauptet K. Mehl, dass ein Nutellabrot stets auf die beschmierte Seite fällt.

Dem Beweis, den er anbietet, kann ich nicht folgen, weil mir die mit ihm verbundene String-Theorie zu wenig vertraut ist, doch halte ich Mehls Behauptung schon im Ansatz für verfehlt. Ein Nutellabrot fällt nämlich keineswegs immer auf die beschmierte Seite, wie die Erfahrung zeigt. Dafür besteht lediglich eine gewisse Wahrscheinlichkeit. Um herauszufinden, wie hoch sie ist, kann man mit ihm Fallversuche durchführen, wobei deren Anzahl theoretisch gegen Unendlich geht.

Leider ist es nun so, dass bereits nach dem ersten Mal, bei dem das Nutellabrot auf die beschmierte Seite fällt, eine ungestörte Fortsetzung der Versuchsreihe nicht möglich ist. Es klebt mehr oder weniger fest am Boden, und wenn man es aufhebt, bleiben dort Reste von ihm zurück. Mit anderen Worten: es ist nicht mehr so wie vorher. Allein dadurch, dass wir sein Verhalten beobachten, verändert es sich. Derartiges lehrt auf ihrem Gebiet auch die Quantenphysik, vgl. z. B. hier.[1] Außerdem ist im Sinne der Allgemeinen Relativitätstheorie an der klebrigen Auftreffstelle die Krümmung des Raum-Zeit-Kontinuums anders als im übrigen, nutellafreien Bereich. Was das bewirkt, lässt sich nur erahnen. Wir wissen ja: der Flügelschlag eines Schmetterlings in China kann einen Wirbelsturm in Amerika auslösen.

Um Einwänden dieser Art zu entgehen, wurden vor ein paar Tagen an der Universität von Ferrero Nutellabrot-Fallversuche auf einem besonderen Fußboden durchgeführt. An ihm haftet nichts, auch nicht der leckere, vor allem bei Kindern so beliebte Brotaufstrich. Dabei fiel das Brot in 25 Versuchen nur 15-mal, d. h. mit sechzig Prozent Wahrscheinlichkeit, auf die Nutellaseite. Wird dieses Einzelergebnis verallgemeinert und auf alle Nutellabrote übertragen, nennt man das Induktion. Oder Influenz? Wer weiß.

In der Ferrero-Uni gab es keine weiteren Versuche, weil sich das ziemlich weiche Testobjekt durch den Aufprall zunehmend verbog. Zum Schluss flog es wie ein Bumerang einem der Experimentatoren fast ins Gesicht.

Fallversuche mit Nutellabrot auf Antihaftfußboden fanden auch im Schoko-Institut von Lindtwyl statt. Bei ihnen verwendete man eine normale viereckige Toastscheibe, die zwecks besserer Formstabilität leicht angeröstet war, und bestrich beide Seiten. Selbst dabei betrug die Wahrscheinlichkeit, dass die Scheibe mit der Nutella auf den Boden fällt, nicht hundert Prozent, sondern lag leicht darunter.

Der Grund steht im Versuchsbericht. Da der Drucker nicht in Ordnung war, kann man die meisten Buchstaben im letzten Satz nicht lesen; sie sind zu schwach oder verschwommen. Obwohl zum Teil voneinander verschieden, bezeichne ich sie hier einheitlich mit 0: 0a00h0a0 000e0 00e 00a0000he00e a00 e00e0 0a00e 00ehe0.

Wenn die Scheibendicke gegen Null geht, wird besagte Nutella-Wahrscheinlichkeit gleich derjenigen, dass Hasen keine Eier legen. Der einzige, der es zu Ostern doch tut, ist virtuell.[2] An ihn wird ebenso geglaubt wie daran, dass alle Atome letztlich aus weißem Käse (Quark) bestehen.

[1] Der Autor der betr. Seite schrieb auch ein reizvolles Buch, das auf ihr annonciert wird. Näheres s. hier.
[2] Über den Osterhasen

1.4.2015

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