Über das Wunder Mariens mit Jesus

Ein guter Bekannter schrieb mir im Hinblick auf meine Marien-Seiten, er könne mit der jungfräulichen Geburt Jesu Christi nichts anfangen und glaube nicht an sie. So wie ihm geht es sicher auch vielen anderen, denn daß Jesus von einem jungen Mädchen ohne Mitwirkung eines Mannes empfangen und geboren wurde, war ein Wunder. Deshalb ist es ganz natürlich, wenn man dem in der Bibel bezeugten Vorkommnis zunächst mit Skepsis begegnet.

Dabei sind Wunder gar nichts Seltenes. Sie umgeben uns Tag für Tag und überall. Unter einem Wunder verstehe ich etwas, was sich letztlich nicht erklären läßt, und möchte dies an drei Beispielen erläutern.

Das erste betrifft unsere Erde. Daß es sie nicht nur gibt, sondern auch in der richtigen Entfernung von der Sonne und mit der günstigsten Achsneigung, so daß wir auf ihr leben können und weder verbrennen noch erfrieren müssen, betrachte ich als ein Wunder. Man hat ausgerechnet, daß bereits geringste Veränderungen dieses Zustandes uns vernichten würden.

Beim zweiten Beispiel geht es um einen gewöhnlichen Stein. Hält man ihn hoch und läßt ihn dann los, so fällt er – doch warum tut er das? Die Antwort lautet meistens: weil er von der Erde angezogen wird (und weiter: weil alle materiellen Körper sich gegenseitig anziehen). Sie ist aber keine wirkliche Erklärung, denn sofort kann nach dem Grund für dieses Verhalten gefragt werden. Dieser ist bis heute nicht bekannt. Die moderne Physik lehrt: jeder Körper krümmt den Raum um sich herum, und dadurch entsteht die beobachtete Anziehungskraft. Aber auch das kann nicht befriedigen, denn zum einen handelt es sich dabei um eine nur wenigen verständliche, unanschauliche mathematische Konstruktion (der Raum wird in der für uns nicht vorstellbaren vierten Dimension gekrümmt); zum andern ist auch hier zu fragen: Wie kommt diese Krümmung zustande, wodurch wird sie bedingt? Selbst wenn sich darauf eine Antwort finden ließe, stände die nächste Frage nach deren Begründung schon vor der Tür, dann wiederum eine und noch eine ... – die Fragerei fände nie ein Ende. Der fallende Stein stellt, so gesehen, ebenfalls ein Wunder dar. Sein Verhalten läßt sich nicht wirklich erklären.

Und daß durch Vereinigung einer männlichen Samen- mit einer weiblichen Eizelle neues Leben entstehen kann: ist das nicht eines der größten, im tiefsten Grund ebenfalls unbegreifliches Wunder? Scharfsinnige Theorien und praktische Versuche zu seinem Verständnis führen nur auf Teilantworten; irgendwann geht es auch hier nicht mehr weiter.

Diese drei Beispiele sind nicht die einzigen. So, wie bei ihnen beschrieben, ist es mit allem: Wenn eine Sache erklärt werden soll, muß etwas, das als Erklärung dienen kann, da sein. Dies muß ebenfalls erklärt werden und so weiter bis in alle Ewigkeit. Deshalb sagte ich: uns umgeben Wunder über Wunder im oben genannten Sinn. Für sie gibt es keine endgültige, verstandesmäßige Erklärung. Das folgt rein logisch und hat nichts mit religiösem Glauben zu tun.


Merkwürdig ist dagegen, daß kaum jemand so denkt. Was ständig mit uns und um uns herum passiert, was wir erwarten, und sei es noch so rätselhaft, woran wir gewöhnt sind: das betrachten wir im allgemeinen nicht als Wunder. Nur die Abweichungen vom Normalen bezeichnen wir so. Wenn etwas nicht eintritt, was an sich eintreten müßte, dann wundern wir uns. Würde ein losgelassener Stein plötzlich nicht herunterfallen, wäre das ein Wunder. Und wenn eine Frau, die nie mit einem Mann intim war und auch (was heute möglich ist) nicht künstlich befruchtet wurde, ein Kind bekäme, wie es von Maria verkündet wird, dann wäre das ein großes Wunder.

Jedoch nur in den Augen von uns Menschen, nicht für GOTT.

IHM ist alles möglich. ER hat die ganze Welt geschaffen, einschließlich der von uns so genannten "Naturgesetze". ER kann auch direkt, ohne sich dabei eines Mannes, gewissermaßen als Werkzeug, zu bedienen, im Leib einer Frau neues Leben erzeugen. Daran glauben wir als Christen und bringen es in unserem Glaubensbekenntnis zum Ausdruck.

Rein verstandesmäßig läßt sich dieser Glaube nicht begründen, aber das gilt, wie oben gezeigt, ebenso für vieles andere. Zum Glück ist eine solche rationale Begründung auch nicht nötig, denn der Glaube stützt sich nicht nur auf den Verstand. Hoffnung, Dankbarkeit, Anbetung, das heißt Gefühle, spielen in ihm eine mindestens ebenso große Rolle. Sie sind im Leben oftmals stärkere Triebfedern und bessere Hilfen als reine, emotionslose Überlegungen ohne erreichbares Ziel.

Abschließend noch eine kurze Bemerkung.

Manche Kritiker des Christentums weisen in herabsetzender Absicht darauf hin, daß der Glaube an die jungfräuliche Geburt Jesu Christi Vorläufer und Parallelen in der Antike hatte.() Dies ist ein nutzloser Einwand. Denn wenn Menschen in anderen Religionen ähnliche oder gleiche Vorstellungen hatten, wird dadurch der Glaube an die besondere Art, auf die Jesus entstand, nicht widerlegt.

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