Auszug eines Interviews von SPIEGEL ONLINE

mit Frau Professor Dr. Uta Ranke-Heinemann,

Tochter des ehemaligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann,

am 7.4.05 hier veröffentlicht: http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,350035,00.html

SPIEGEL ONLINE: Frau Ranke-Heinemann, stündlich strömen 20.000 Menschen in den Petersdom, um von Johannes Paul II. Abschied zu nehmen. Am Freitag wird der größte Pilgerstrom in der Geschichte des Christentums in Rom erwartet. Wie erklären Sie sich dessen große Beliebtheit?

Ranke-Heinemann: Die Menschen kannten ihn. Sie denken, sie hätten täglich mit ihm gelebt, weil sie ihn jeden Tag im Fernsehen sahen.

SPIEGEL ONLINE: Wollen Sie seine Popularität allein auf seine Medienpräsenz zurückführen?

Ranke-Heinemann: Wichtiger noch ist, dass Gott, der Urheber des Universums, allen Menschen die Hoffnung auf ein glückliches Leben nach dem Tod einprogrammiert hat. Selbst wenn sich bei vielen Menschen ein Gebirge von Hoffnungslosigkeit darüber gelagert haben mag. Das ist mir beim Sterben Johannes Paul II. anschaulich geworden.

SPIEGEL ONLINE: Sein Tod rührt auch Sie an?

Ranke-Heinemann: Nachdem ich mich 26 Jahre über diesen Papst geärgert habe, habe ich mich bei seinem Tod mit ihm versöhnt. Ich habe unter seinem Pontifikat zwar den Glauben verloren und meine, dass das Christentum weithin ein Irrtum ist - nicht jedoch die christliche Jenseitshoffnung. Liebe und Hoffnung sind bei mir geblieben. Bei seinem Sterben sah ich, was die eigentlichen Menschheitsprobleme und Hoffnungen sind: die Endlichkeit, die Vergänglichkeit des Menschen, aber seine Hoffnung auf ein ewiges Leben, auf ein Wiedersehen mit den geliebten Toten.

SPIEGEL ONLINE: Freuen Sie sich schon darauf, den Papst im Himmel wiederzusehen?

Ranke-Heinemann: Ich will nicht anfangen zu phantasieren, doch ich habe den Eindruck, dass der Papst zuerst Maria trifft, die mit ihren mindestens sechs Geschwistern Jesu ihm entgegenkommt. Diese Geschwister sind ja im Neuen Testament genannt, wurden jedoch zum Schutz von Marias Jungfräulichkeit mit einem päpstlichen Insektizid theologisch abgetrieben. Doch ich nehme diesen päpstlichen Irrtum nicht so tragisch. Ich habe mich ja auch oft geirrt.

SPIEGEL ONLINE: Wie werden Sie dem Papst im Himmel begegnen, sollten sie ihn treffen? Was werden Sie ihm sagen?

Ranke-Heinemann: Es ist doch nicht so, dass ich mich nun nach ihm verzehre. Ob ich dem Papst etwas sagen werde, weiß ich nicht. Mein ganzes Sehnen geht dahin, meinen Mann wiederzusehen und meine Mutter.

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