Bei einem erdachten Dialog in dem erwähnten Buch von Reinhard Schmidt wird angenommen, daß nicht GOTT, sondern sein Widersacher (der Böse, Teufel oder wie auch immer wir ihn nennen) die Naturgesetze gemacht habe. Dies steht im Gegensatz zu der meist vertretenen Ansicht, daß sie doch von IHM, dem Schöpfer und Herrn des Universums, stammen. Die von Johannes Kepler entdeckten Planetengesetze zum Beispiel waren für ihn ein Wunderwerk Gottes, und er wäre nie auf den Gedanken gekommen, sie dem Teufel zuzuschreiben.

Ohne die Naturgesetze herrschte Chaos. Wir könnten uns weder physisch noch geistig-seelisch nach irgendetwas orientieren. Ich glaube nicht, daß der Teufel es war, der uns vor diesem absoluten, lebensfeindlichen Durcheinander bewahrte, indem er die Gesetze schuf. Die Bibel schreibt hierüber ganz klar, daß Gott gleich zu Anfang damit begann, in die von ihm geschaffene Welt eine gewisse Struktur zu bringen, indem er Licht und Dunkelheit, Land und Wasser voneinander trennte, eine Zeiteinteilung schuf, die Gestirne an den Himmel setzte, die den Menschen halfen, sich zurechtzufinden...

Im übrigen empfinde ich es teils als vermessen, teils als unnütz und belastend, über diese Dinge allzuviel nachzugrübeln. Ich halte es nicht für möglich, daß wir dadurch Gottes Eigenschaften, seinem "wahren" Wesen und seinen Absichten auch nur einen Schritt näher kommen. Zwar hat Er uns den Verstand gegeben, und es ist in vielen Fällen richtig, ihn zu benutzen, doch geht er auch häufig in die Irre und reicht nicht aus. Mit Hilfe des Verstandes lassen sich Probleme aufwerfen, für die es keine Lösung gibt. Ein Beispiel hierfür ist die berüchtigte Frage, was eher da war: das Huhn oder das Ei.1 Andere verlangen eine Antwort darauf, ob jemand lügt oder eine bestimmte Handlung ausführen kann, und auch bei ihnen gelingt es nicht, eine einwandfreie Entscheidung zu treffen. (Es handelt sich dabei meistens um sogenannte Antinomien und Paradoxien, über die sich manche Logiker und Philosophen seit Jahrtausenden vergeblich den Kopf zerbrechen.2 Sie werden auch "Aporien" genannt, was in der Einzahl auf deutsch "Auswegslosigkeit" bedeutet.)

Zu Fragestellungen dieser Art gehört meiner Ansicht nach das Theodizee-Problem. Oft wird es von denen zitiert, die selbst nicht an Gott glauben und bei anderen den Glauben zu untergraben suchen. Auch aus diesem Grunde gehe ich ihm, nachdem ich es kennengelernt habe, aus dem Wege.

Manchmal kommen diese leisen,
nicht sehr ausgeprägten Zweifel
über Sünde, Gott und Teufel
auch zu mir, und sie beweisen,
daß, wenn Frieden sucht die Seele,
ich mich besser nicht drum quäle,
was und wie Gott "wirklich" ist.

Darum will ich ihm vertrauen,
dankbar-kindlich auf ihn bauen
und auf den Herrn Jesus Christ.

Gott erschuf, regiert die Welt.
Machtlos sind wir, doch wir hoffen,
uns steh' einst der Himmel offen.
IHN, der uns in Händen hält,
möcht' ich auch für jene bitten.
die nicht glaubten, aber litten.

(Die letzten beiden Zeilen beziehen sich noch einmal auf das Theodizee-Problem, dessen Thema das Leid in der Welt ist. Man kann die Frage stellen, was nach dem dem Tode mit denjenigen geschieht, die in Not und Leid, in Schmerz und Trauer nicht zu Gott fanden oder sich von ihm abwandten. Wird er auch sie in sein Himmlisches Reich aufnehmen? Wir wissen es nicht, doch bleibt uns die Hoffnung auf Gottes Gnade. Sie erbitten wir, wenn wir sprechen: Kyrie eleison – Herr erbarme Dich, Christe erbarme Dich!)

Lied: Lobe den Herren3


Aus Psalm 139:

Herr, du erforschest mich
und kennest mich.
Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es;
du verstehst meine Gedanken von ferne.
Ich gehe oder liege, so bist du um mich
und siehst alle meine Wege.
Denn siehe, es ist kein Wort auf meiner Zunge,
das du, Herr, nicht schon wüßtest.
Von allen Seiten umgibst du mich
und hältst deine Hand über mir.

Diese Erkenntnis ist mir zu wunderbar und zu hoch;
ich kann sie nicht begreifen.

Wohin soll ich gehen vor deinem Geist,
und wohin soll ich fliehen vor deinem Angesicht?
Führe ich in den Himmel, so bist du da;
bettete ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch da.
Nähme ich Flügel der Morgenröte
und bliebe am äußersten Meer,
so würde auch dort deine Hand mich führen
und deine Rechte mich halten.

Spräche ich: Finsternis möge mich decken
und Nacht statt Licht um mich sein,
so wäre auch Finsternis nicht finster bei dir,
und die Nacht leuchtete wie der Tag.
...

Deine Augen sahen mich,
als ich noch nicht bereitet war,
und alle Tage waren in dein Buch geschrieben,
die noch werden sollen und von denen keiner da war.
Aber wie schwer sind für mich deine Gedanken!
Wie ist ihre Summe so groß!
Wollte ich sie zählen, so wären sie mehr als der Sand.

Am Ende bin ich noch immer bei dir.
Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz;
prüfe mich und erkenne, wie ich's meine.
Und sieh, ob ich auf bösem Wege bin,
und leite mich auf ewigem Wege.

1 Was war zuerst da?
2 Hier ein modernes Beispiel
3 Empfehlung: Internet Explorer
(Wenn nichts zu hören ist, bitte hier klicken.)

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"Wo blieb Gott?"
Oliver Nemitz: Gedanken über das Leid
(Seine Eingangsseite: http://www.olivernemitz.de/)