Bemerkungen zur Collatzfolge

Von dem deutschen Mathematiker Lothar Collatz (1910-90) stammt dies:

Man wählt eine beliebige natürliche Zahl. Ist sie ungerade, wird sie mit 3 multipliziert, und es wird 1 addiert. Ist sie gerade, dividiert man sie durch 2. Mit der dadurch erhaltenen, neuen Zahl wird ebenso verfahren und desgleichen mit allen weiteren, die sich auf diese Weise ergeben. Die hierbei entstehende Zahlenfolge ist endlich und hört auf mit 1.

Beispiel: 19,58,29,88,44,22,11,34,17,52,26,13,40,20,10,5,16,8,4,2,1.

Weltweit wurden ungezählte Rechnungen, meist mit Computern, bei Startzahlen bis über 1016 durchgeführt, die dieses Verhalten ausnahmslos bestätigten. Ein allgemeiner, theoretischer Beweis für alle natürlichen Zahlen fehlt. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der Collatzvermutung. Bekannt ist sie seit 1937, das heißt im Moment seit 75 Jahren. [1]

Im vergangenen Jahr erregte der Beweisversuch eines Hamburger Professors Aufsehen, der hier [2] offline zu lesen ist. Kommentiert wird er im Internet an verschiedenen Stellen. Auf dem Matheplaneten wurde das Collatzproblem mehrfach angegangen, zuletzt Anfang dieses Jahres mit fünf inhaltlich zusammenhängenden Artikeln, von denen der erste bei [3] beginnt.

Ohne hieran anzuknüpfen, enthält das Folgende mit wenig Mathematik eine Reihe von Beobachtungen und Überlegungen zum Auftreten der 1 am Ende der Collatzfolge.

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Bezeichnet man sie, wie es üblich ist, mit "3n+1", dann ist eine vereinfachte Verwandte der Collatzfolge die Folge "1n+1". Damit ist gemeint: Wähle eine beliebige natürliche Zahl. Ist sie ungerade, addiere 1, andernfalls halbiere die Zahl und fahre damit fort. Beispiel: 25,26,13,14,7,8,4,2,1. Auch bei ihr endet man mit 1.

Dass dies so sein muss, ist leicht einzusehen: die ungeraden Zahlen werden nicht mit 3 multipliziert, sondern nur um 1 erhöht. Das fortgesetzte Halbieren der geraden Zahlen überwiegt und kann durch das langsame Anwachsen der ungeraden nicht ausgeglichen werden. So werden alle Zahlen der "1n+1"-Folge (von der Erhöhung um 1 abgesehen), insgesamt kleiner, und die kleinste, noch zu halbierende Zahl ist bei ihr die 2.

Bei der ursprünglichen, eigentlichen Collatzfolge sieht es anders aus. Durch die Operation (3*u+1)/2, angewandt auf ungerade Zahlen u, werden diese um ungefähr den Faktor 1,5 vergrößert wie in dem folgenden Beispiel: 31,94,47,142,71,214,107,322, ... Dies gilt auch für die kursiv gesetzten, geraden Zahlen, die ebenfalls bei jedem Schritt auf rund das Anderthalbfache ansteigen.

Würde das immer so weiter gehen, bestünde keine Chance, dass die Folge mit der 1 endet. Und tatsächlich gibt es diesen dauernden Anstieg um den Faktort 1,5 auch nicht. Die nächsten Schritte bei der angefangenen Folge sehen nämlich so aus: 161,484,242,121, ..., d. h. nun haben wir zwischen zwei ungeraden Zahlen nicht, wie bisher, nur eine gerade Zahl, sondern zwei. Die zweite gerade Zahl ergibt sich daraus, dass die aus der ersten bei der Division durch 2 erhaltene gerade Zahl auch durch 2 teilbar ist. Und das bewirkt, dass die ungerade Zahl, aus der die beiden hervorgegangen sind, nicht wie ihre Vorgängerinnen ebenfalls um den Faktor 1,5 vergrößert wurde, sondern sich im Gegenteil verkleinerte: es ist (gerundet) 121=0.75*161. Im weiteren Verlauf der mit 31 beginnenden Collatzfolge ergeben sich auch Stellen, wo drei und mehr gerade Zahlen zwischen zwei ungeraden stehen; entsprechend verkleinern sich die Zahlen dann ungefähr um die Faktoren 0,375; 0,1875, ... (Beim 83. Schritt hat man die Teilfolge 325,976,488,244,122,61, d. h. vier gerade Zahlen zwischen zwei ungeraden, und es ist 61/325≈0,188. Bei der mit 27 beginnenden Collatzfolge gibt es sogar einmal fünf gerade Zahlen zwischen zwei ungeraden:
..., 53,160,80,40,20,10,5, ... , und es ist 5/53≈0,094.)

Einen Grund dafür, dass sich "3n+1"-Folgen mit beliebigen Startzahlen prinzipiell anders verhalten als die betrachteten Beispiele, sehe ich nicht. Da sich beim Halbieren einer geraden Zahl sowohl eine gerade als auch eine ungerade Zahl ergeben kann, gibt es bei jeder Collatzfolge mehr gerade als ungerade Zahlen. Somit muß es bei ihnen auch immer wieder Stellen geben, an denen mehr gerade Zahlen als nur eine zwischen zwei ungeraden stehen, wodurch ein ständiges Ansteigen der Folgenglieder verhindert wird.

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Wenn hiernach Collatzfolgen, wie es scheint, nicht divergieren, so bedeutet das nicht zwingend, dass bei ihnen, unabhängig von der gewählten Startzahl, am Ende immer die 1 steht. Denkbar wäre auch eine andere Zahl.

Dies zeigt ein Blick auf die Folge "3n-1", ebenfalls eine Verwandte der Collatzfolge. Wählt man als Startzahlen die 1 und die 3, ergeben sich die Folgenglieder 1,2,1 bzw. 8,4,2,1 wie bei der "3n+1"-Folge, also nichts Besonderes. Bei der Startzahl 2 dagegen erhält man 2,5,14,7,20,10,5,14,7,20,..., kommt also niemals zur 1. Ähnlich ist es bei der Folge "5n+1". Wieder erhalten wir bei der Startzahl 1 etwas, das wir schon von der Collatzfolge kennen: 1,6,3,16,8,4,2,1, aber zusätzlich für die Startzahlen 13 und 17:
13, 66, 33, 166, 83, 416, 208, 104, 52, 26,13,…   bzw. 17, 86, 43, 216, 108, 54, 27, 136, 68, 34, 17, ... .

Die beiden zuletzt betrachteten, collatzähnlichen Folgen sind periodisch und können bei verschiedenen Startzahlen mehr als nur eine Periode haben.

Auch die eigentliche "3n+1"-Collatzfolge ist, wenn man sie nach der 1 fortsetzt, periodisch, was meist nicht extra erwähnt wird. Durch die bisherigen Versuche ist nur die Periode 4,2,1 bekannt. Ob es noch eine weitere gibt, weiß man nicht. Das wird sich herausstellen, falls es gelingen sollte, die Collatzvermutung zu beweisen.

[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Lothar_Collatz
[2] http://preprint.math.uni-hamburg.de/public/papers/hbam/hbam2011-09.pdf
[3] http://matheplanet.com/matheplanet/nuke/html/article.php?sid=1459

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