Eine "märchenhafte" Sommerfahrt1

In Deutschland gibt es eine ganze Reihe von Straßen, die sich mit besonderen Attributen schmücken, so zum Beispiel, um nur einige von ihnen zu nennen, die deutsche Weinstraße, die Straße der Romanik und die romantische Straße sowie die deutsche Märchenstraße. Längs dieser und in ihrer weiteren Umgebung verbrachte ich vor ein paar Wochen erlebnisreiche Urlaubstage.

Ich begann meine Fahrt an einem Fluss, der, was sicher selten ist, keine Quelle hat und, poetisch ausgedrückt, seinen Ursprung einem Kuss verdankt. An dem Ort, wo ich zuerst war, begrüßte mich eine mit der Motorsäge aus Holz herausgearbeitete, mannshohe Märchenfigur eines klugen Tieres, das seinem Besitzer, einem armen Müllerburschen, zu großem Wohlstand verhalf, so dass dieser sogar eine Königstochter heiraten konnte.

Weiter südlich davon durchquerte ich ein ausgedehntes, nahezu geschlossenes Waldgebiet, dessen Fläche das Dreifache derjenigen von Berlin beträgt. In dem Wald hausten früher unangenehme Gesellen, die es auf Reisende abgesehen hatten und sie ausplünderten. Ein berühmter deutscher Märchendichter schrieb darüber eine farbige Rahmenerzählung, in der ein übelbeleumdetes Wirtshaus eine Rolle spielt. Derselbe Autor verfasste auch einen Roman über eine Burg, die ich woanders bei einer früheren Gelegenheit und schlechtem Wetter aufnahm:



Am westlichen Rande des auch heute noch etwas unheimlich anmutenden Waldgebietes liegt ein Städtchen mit diesem Märchenbrunnen:



Links ist ein Frosch mit einer goldenen Kugel zu sehen. In dem Städtchen verbrachten zwei Brüder einen Teil ihrer Kindheit, die als Erwachsene nicht nur Märchen sammelten, um sie vor dem Vergessen zu retten, sondern auch viel für die deutsche Sprache taten. Für beides wurden sie berühmt. Großes Aufsehen erregten sie, inzwischen zu Professoren avanciert, durch ihre Mitgliedschaft in einer aus insgesamt sieben Berufskollegen bestehenden Gruppe in einer deutschen Universitätsstadt. Die Sieben, wie man sie bald nannte (in Verbindung mit dem Namen jener Stadt) widersetzten sich einem Verfassungsbruch ihres Landesherrn, was für sie mit schweren persönlichen Nachteilen verbunden war, ihnen aber in ganz Deutschland große Sympathie und Anerkennung eintrug. Einer von ihnen war Physiker, der zusammen mit seinem Freund Gauß ein neues Verfahren zur Nachrichtenübermittlung entwickelte.

Nordöstlich von dem Städtchen mit dem Frosch und der Goldkugel, in einem anderen bekannten Waldgebiet, liegt ein Berg, auf dem ich auch war. Er ist von großer Bedeutung für eine bestimmte Sportart und hat einen seltsamen Namen, so, als tauchte er aus einem See oder Meer auf. Ob auch er mit Märchen verbunden ist, weiß ich nicht. Auf ihm befindet sich aber, weithin sichtbar, ein besonders geformtes Bauwerk. Obwohl es nicht mehr wie ursprünglich genutzt wird, hat man es zum Gedenken an eine schicksalsträchtige Periode in unserer neuesten Geschichte stehen lassen.  

Damit sei's genug. Bleibt noch zu fragen: wie heißt der Fluss, an dem ich meine Reise begann, und die dortige, mannshohe Märchenfigur? Welches dunkle Waldgebiet meine ich, und wie heißt die abgebildete Burg? Wer war der Dichter, der den Roman über sie schrieb? Weiter: welchen "Beruf" hatte die weibliche Figur an dem Brunnen, und was hat es mit dem Frosch auf sich? Wer waren die beiden berühmten Brüder2, und welche allgemeine politische Bedeutung hatte der Widerstand der sieben Professoren? Wie hieß der Freund von Gauß, und worin bestand das von ihnen entwickelte Kommunikationsverfahren? Um welchen Berg mit dem seltsamen Namen handelt es sich und um welche Sportart?

Natürlich erwarte ich nicht, dass auf die obigen Fragen geantwortet wird, denn hier geht es nicht, wie öfter in der Rätselecke des Matheplaneten, um Gold-, Silber- und Bronzemedaillen. Trotzdem würde ich mich freuen, wenn es jemand täte, evtl. auch in einer PN. Oder wenn jemand etwas ergänzen, erläutern möchte.

Märchen spiegeln auf ihre Weise das Leben wider mit Triumph und Niederlage, Glück und Pech. Sie entführen uns in das Reich der Phantasie, bezaubern und unterhalten, appellieren an das Gute und stellen nicht selten verletzte Gerechtigkeit wieder her. Auch in unserer scheinbar so nüchternen Zeit sind sie nicht ganz ausgestorben und vor allem bei Kindern weiterhin beliebt.

1wie der Artikel über Zahlenarten und -namen ein Beitrag zur Füllung des "Sommerloches" auf dem Matheplaneten
2Addiert man die Jahreszahlen ihrer Geburt, ergibt sich die 500. Primzahl.

Hans-Jürgen


Re: Eine ''märchenhafte'' Sommerfahrt
von Spock am Do. 26. August 2010 21:07:52


Hallo Hans-Jürgen,

ein bezaubernd märchenhafter Artikel von Dir, Danke!

Ich versuche, mich an meine Märchenbücher zu erinnern, und wage einen Tip für den mit Gauß befreundeten Physiker: W.W ?

Juergen



Re: Eine ''märchenhafte'' Sommerfahrt
von Hans-Juergen am Do. 26. August 2010 21:44:38 http://www.hjcaspar.de


Hallo Juergen,

vielen Dank für Dein Lob, über das ich mich freue.

Deine Vermutung "W.W." ist richtig. Der Name des Betreffenden ist mit einem Fluss verbunden mit der Besonderheit, dass beim ihm nichts wirklich fließt.

Herzliche Grüße,
Hans-Jürgen



Re: Eine ''märchenhafte'' Sommerfahrt
von weserus am Do. 26. August 2010 22:12:16


Hallo Hans-Jürgen,

ein sehr guter Artikel mit tollen Ideen der 'Verknüpfungen'. Ich habe
ihn gerade gern gelesen.

Hallo Hans-Jürgen und Juergen,

würde ich auch sagen, zumal ich hin und wieder an den Statuen von
G. und W. vorbei gehe. Ach ja....das fällt mir noch ein, der Fluss
hat eine magische oder magnetische Anziehung?

Gruß Peter



Re: Eine ''märchenhafte'' Sommerfahrt
von Hans-Juergen am Do. 26. August 2010 22:21:14 http://www.hjcaspar.de


Hallo Peter,

auch Dir danke für Dein Kompliment.

"Magisch" ist gut (und hübsch), "magnetisch" besser!
Ich merke, Du weißt Bescheid.

Viele Grüße,
Hans-Jürgen



Re: Eine ''märchenhafte'' Sommerfahrt
von weserus am Do. 26. August 2010 22:27:27


Hallo Hans-Jürgen,

nun hatte ich auch den weiteren Spass und habe Dir per PN die
Fragen beantwortet. Lediglich bei der Bergfrage habe ich gepasst.
Ich bin mal gespannt.

liebe Grüße Peter



Re: Eine ''märchenhafte'' Sommerfahrt
von Bernhard am Fr. 27. August 2010 00:49:12


Hallo Hans-Jürgen!

Vielen Dank für Deine "Sommermärchenfahrt"!

Ich habe Dir jetzt auch mal die Lösungen geschickt, aber mir ging es wie Peter: Ich bin zu unsportlich, um auf diesen Berg zu klettern.. :-D

@ all:

Zu der mannshohen Märchenfigur habe ich zwei Quellen als Lösungen gefunden. Allerdings handelt es sinch beides Mal um dieselbe Spezies.

Bernhard



Re: Eine ''märchenhafte'' Sommerfahrt
von Rebecca am Fr. 27. August 2010 05:01:53


Hi Hans-Jürgen,

eine schönen Reisebericht hast du uns geschenkt.

Die Recherchen dazu waren interessant und haben mir viel Spaß gemacht. Ich werde dir heute meine Lösungen als PN schicken.

Liebe Grüße
Rebecca

*

Anmerkung für Nichtphysiker: mit "W.W." war der Gaußfreund Wilhelm Weber gemeint, nach dem die physikalische Einheit für den magnetischen Fluss benannt ist.

Allgemeine Bemerkung: Auf dem Matheplaneten gibt es die Möglichkeit, sich gegenseitig persönliche Nachrichten (PN) zu senden. Hiervon machten mehrere Matheplanetarier Gebrauch. Was sie mir schrieben, enthielt außer meist richtigen Lösungen auch Ergänzungen und weitere Erläuterungen, zum Teil mit mir neuen Bildern. Ein Leser berichtete, er habe sich aus Anlass des Artikels bei einer Tasse Tee etwas in deutsche Geschichte, Geographie und Literatur eingelesen, einige interessante Orte auf der Landkarte gefunden und manches hinzugelernt auf seiner Spurensuche entlang der Märchenstraße. Er bedankte sich für einen "vergnüglichen", "märchenhaften" Abend.

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