Aus den Briefen des Paulus (Fortsetzung)

Zum 2. Korintherbrief

Vorbemerkung:
Paulus möchte wieder die Gemeinde in Korinth besuchen, eine von vielen, die er im Mittelmeerbereich gründete. Seine Besuchsabsicht teilt er ihr brieflich mit, ahnt bzw. fürchtet dabei aber Unannehmlichkeiten, nicht nur sich selbst gegenüber, sondern auch wegen der in Korinth herrschenden, geistlich-moralischen Zustände. Dies geht aus Kap. 12, V. 20-21 hervor:

"20 Denn ich befürchte, dass ich euch bei meiner Ankunft nicht so antreffen werde, wie ich es erhoffe. Und dann – fürchte ich – werdet auch ihr mich auf eine Weise erleben, wie ihr es nicht wollt. Hoffentlich erwarten mich bei euch nicht wieder Streit, Eifersucht, Wutausbrüche und Intrigen! Hoffentlich gibt es nicht wieder Verleumdungen und bösartiges Gerede, Hochmut und Unfrieden! 21 Ich habe Angst, dass Gott mich aufs Neue bei euch demütigen könnte und ich über viele von euch traurig sein müsste, die nicht bereit waren, von ihrem zügellosen, ausschweifenden Leben umzukehren."

Am Anfang von Kap. 11 bittet er darum, ihm zu erlauben, sich jetzt auch einmal "töricht" zu verhalten. (Ein rhetorischer "Kunstgriff"? An so etwas hatten die Griechen, die die Korinther ja waren, evtl. Gefallen.) In Vers 16 dagegen fordert er sie auf, ihn nicht als "Narren" anzusehen; aber wenn sie es dennoch tun, will er diesen vorübergehend "spielen".

Im Vers 2 von Kap. 12 und den folgenden erwähnt Paulus einen rätselhaften Mann, der zeitweise zu Gott in den "dritten Himmel" "entrückt" wurde; es wird vermutet, dass er damit sich selbst meinte. (Wir Heutigen kennen keinen dritten Himmel; statt dessen wird - in weltlichem Sprachgebrauch - bisweilen von Verliebten gesagt, sie befänden sich im siebten Himmel.)

Paulus war ein Renegat, d. h. ein Abtrünniger, ein Verräter in den Augen derer, von denen er sich abwandte. Ursprünglich ein scharfer Christenverfolger, vielleicht sogar Mörder aus religiösem Fanatismus und sozusagen von Amts wegen, nahm er an der Steinigung des ersten, namentlich bekannt gewordenen christlichen Märtyrers Stephanus teil. Viele Renegaten 1) lebten ihre Abkehr vom Bisherigen und ihre Neuorientierung besonders energisch und intensiv, so auch Paulus. Der Apostel opferte sich bei der Ausbreitung der neuen Lehre, des Evangeliums, geradezu auf und kam dabei mehrmals knapp mit dem Leben davon. Über die zahlreichen Gefahren und Leiden, die er erdulden musste, berichtet er im gesamten 11. Kapitel.

Das mit dem "Narren", zu dessen Verhalten ihn die Korinther "gezwungen" haben (V. 11), setzt Paulus in Kap. 12 noch eine Weile fort. Davor kommt er auf seine "Schwachheit" zu sprechen und auf Gottes Gnade, indem er schreibt:

9Aber er hat zu mir gesagt: »Meine Gnade ist alles, was du brauchst! Denn gerade wenn du schwach bist, wirkt meine Kraft ganz besonders an dir.« Darum will ich vor allem auf meine Schwachheit stolz sein. Dann nämlich erweist sich die Kraft von Christus an mir. 10 Und so trage ich für Christus alles mit Freude – die Schwachheiten, Misshandlungen und Entbehrungen, die Verfolgungen und Ängste. Denn ich weiß: Gerade wenn ich schwach bin, bin ich stark.

------------------
1)aus dem 20. Jhdt. nenne ich u. a. Leo Trotzki, Arthur Koestler (Buch "Sonnenfinsternis"), Manès Sperber (Romantrilogie "Wie eine Träne im Ozean") und aus der Antike den Kaiser Julian II "Apostata".

Das Vorstehende umfasst nur einen kleinen Teil des 2. Korintherbriefs als Anregung zum Weiterlesen in der Bibel und im Internet. Viel ausführlicher ist zum Beispiel diese Predigt. In ihr geht es auch, mit Bezug auf die Verse 7 ff. in Kap. 12, um das Beten bei Krankheit und Leid und darum, ob und in wie weit Gott Gebete erhört.

Zurück zur Vorseite