Jephta

Im Unterschied zu anderen biblischen Gestalten, deren Name mit J beginnt, wie Jakob, Jeremia, Jesaja, Johannes (mehrfach), Jonas, Jonathan, Josef, Judith, um nur einige zu nennen, ist Jephta Bibellesern wohl weniger bekannt. Von ihm handelt Kapitel 11 im Buch der Richter.

Seine Brüder hatten ihn verstoßen. Später wurde von ihnen zurückgerufen, und sie machten ihn zu ihrem Oberbefehlshaber. Vor einer Schlacht gegen das Nachbarvolk der Ammoniter (nach vergeblichen Friedensbemühungen, V. 12-27, sehr interessant!) gelobte er Gott, wenn er in ihr siegte, diesem das erste, was ihm bei seiner Rückkehr nach Hause begegnen würde, als Brandopfer darzubringen.

Der Sieg gelang, doch unglücklicherweise kam Jephta als erstes seine eigene, einzige, geliebte Tochter entgegen, an die er bei seinem Gelübde nicht gedacht hatte. Daran fühlte sich Jephta gebunden und "tat mit ihr, was er gelobt hatte". Ob er vielleicht hoffte, dass, wie bei Abraham und Isaak, Gott dieses Opfer nicht annehmen würde – darüber erfahren wir nichts.

Menschenopfer waren in Israel verboten [1] [2]; Jephta stand also auch dadurch in einem schweren inneren Zwiespalt. Während zweier Monate, die zwischen seiner Rückkehr nach Hause und dem schrecklichen Ende der Tochter lagen, hätte er Gelegenheit gehabt, vielleicht mit Unterstützung des gesamten Volkes, zu Gott zu beten, dass dieser das Gelübde aufhebe, doch unternahm er nichts in dieser Art.

Jephta inspirierte verschiedene Künstler, darunter Georg Friedrich Händel zu seinem gleichnamigen Oratorium mit dem Libretto eines englischen Geistlichen. Darin wird die Tochter nicht geopfert, sondern als ewigreine Jungfrau Gott geweiht. [3]

Die griechische Mythologie enthält dasselbe Motiv: ein Vater, Agamemnon, soll auf Befehl der Göttin Artemis seine Tochter Iphigenie opfern und tut es. Nach einer anderen Version wird an ihrer Stelle eine Hirschkuh getötet (bei Abraham und Isaak ist es ein Widder), und Iphigenie in eine Artemis-Priesterin verwandelt.

Wie es mit Jephta weiterging, wird in Kap. 12 beschrieben. Hierbei spielte ein für die Ephraimiten verhängnisvolles Codewort eine Rolle: "Schibbolet". Ähnliches wiederholte sich Jahrtausende später in Europa, vgl. [4].

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[1] 5. Mose 12,31
[2] http://de.wikipedia.org/wiki/Menschenopfer, Abschnitt "Antikes Judentum
[3] Vgl. auch E. W. Bullinger in http://www.diebibelonline.de/Opferte-Jeftah-wirklich-seine-Tochter.htm
[4] http://de.wikipedia.org/wiki/Schibboleth, Abschnitte "Italienisch" und "Polnisch" (hier Unterabschnitt "Für Ausländer")

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