Ebenfalls ein Spötter war Heinrich Heine (1797-1856), auch im Hinblick auf den Glauben. Aber er war es nicht sein ganzes Leben lang, sondern wandte sich den letzten Jahren zurück zu Gott. Hier[1] wird darüber ausführlich berichtet und aus seinem Testament vom 13. November 1851 zitiert:*)
"... Seit vier Jahren habe ich allem philosophischen Stolz entsagt, und ich bin zu den religiösen Ideen und Gefühlen zurückgekehrt. Ich sterbe im Glauben an Einen Einzigen und Ewigen Gott, den Schöpfer der Welt, dessen Gnade ich für meine unsterbliche Seele erflehe. Ich bereue es, in meinen Werken manchmal von heiligen Dingen ohne den ihnen schuldigen Respekt gesprochen zu haben, aber ich wurde vielmehr durch den Geist meiner Epoche als von meinen eigenen Neigungen fortgerissen. Wenn ich ohne mein Wissen die guten Sitten und die Moral, die die wahre Substanz aller monotheistischen Glaubensanschauungen ist, verletzt habe, so bitte ich Gott und die Menschen dafür um Verzeihung."
*) vollständig erhalten in http://www.zeno.org/Literatur/M/Heine,+Heinrich/Autobiographisches/Testament
Und im Nachwort zu seiner
Gedichtsammlung "Romanzero" vom September 1851 schrieb Heine:
"Wenn man auf dem
Sterbebett liegt, wird man sehr empfindsam und möchte Frieden machen mit
Gott und der Welt ... Gedichte, die nur halbwegs Anzüglichkeiten gegen
Gott enthielten, habe ich mit ängstlichem Eifer verbrannt. Es ist
besser, daß die Verse brennen als der Versemacher ... Ich bin zu Gott
zurück gekehrt wie ein verlorener Sohn, nachdem ich lange bei den
Hegelianern die Schweine gehütet habe ...",
was mehrfach im Internet zu finden ist.
Die folgenden Verse wurden längere Zeit irrtümlich Heinrich Heine zugeschrieben:
xx
Zerschlagen ist die alte Leier
[2]
am Felsen, welcher Christus heißt!
Die Leier, dir zur bösen Feier
bewegt ward von einem bösen Geist.
xx
Die Leier, die zum Aufruhr klang,
die Zweifel, Spott und Abfall sang.
Oh Herr, o Herr, ich knie nieder,
vergib, vergib mir meine Lieder!
Sie sind der Anfang eines Gedichts des evangelischen Pfarrers, März-Revolutionärs von 1848 und späteren Konvertiten zum Katholizismus Bernhard Martin Giese, das hier in voller Länge wiedergegeben wird. Inhaltlich entsprechen die Verse Heines Umkehr.
Zeitgenössiche Kritiker wie Karl Marx und der damals einflussreich gewesene Journalist Ludwig Börne sahen ihretwegen in Heine einen "Verräter".
[3]
Die meisten modernen Heine-Interpretatoren erwähnen die geistig-seelische Neuorientierung des Dichters am Ende seines Lebens nur kurz und oberflächlich oder gar nicht.
Heine vertraute darauf, dass Gott ihm verzeihen werde. Einer französischen Quelle (23. Februar) entnimmt man: "Et Baudry de conter ce joli mot de Henri Heine, à son lit de mort. Sa femme priant à ses côtés Dieu de lui pardonner, il interrompt la prière, en disant: «N’en doute pas, ma chère, il me pardonnera ; c’est son métier!» ("Und Baudry erzählt diese schönen Worte von Heinrich Heine auf seinem Sterbebett. Während seine Frau neben ihm zu Gott um Vergebung betet, unterbricht er das Gebet mit den Worten: "Zweifle nicht daran, meine Liebe, er wird mir vergeben; es ist sein Geschäft!")
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[1] https://ursulahomann.de/HeinrichHeinesReligionsgespraeche~.html
[2] Leier von griech. Lyra, antikes Saitenistrument und "Werkzeug" der Dichter; davon: "Lyrik".
[3] auch in [1]
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