Von den Kirchen Potsdams, meiner alten Heimatstadt, und seiner Umgebung ist mir die Friedenskirche am Rande des Parks von Sanssouci die liebste.

In ihr wurde ich konfirmiert, und seit dem Zusammenbruch der SED-Diktatur besuche ich sie von weit außerhalb immer wieder.

Sie wurde vor rund 160 Jahren nach italienischem Vorbild erbaut, enthält in der Apsis ein wunderbares Mosaik im byzantinischen Stil und weitere religiös-archtitektonische Kostbarkeiten. Im Vorhof steht eine eindrucksvolle, segnende Christusfigur

und in der Krypta mit dem Sarg ihres Erbauers, König Friedrich Wilhelm IV., und dem seiner Gemahlin ein Marmorengel mit Posaune, um damit zur Auferstehung der Toten zu blasen. Über dem bewusst als Tisch gestalteten Altar erhebt sich ein goldener Baldachin mit weißer Taube, dem Symbol des Heiligen Geistes.

In der evangelischen Gemeinde eines schleswig-holsteinischen Dorfes, das mir während der deutschen Spaltung zur zweiten Heimat wurde und in der ich seit einigen Jahren sonntags regelmäßig zu den Gottesdiensten gehe, fragte der Pastor einmal nach der Bedeutung des Wortes "Gotteshaus" oder "Haus Gottes". Er antwortete selbst, dass Gott ein eigenes Haus nicht nötig habe, weil er überall wohnt, insbesondere in den Herzen derjenigen, die an ihn glauben. Demselben Gedanken begegnete ich auf einem gehaltvollen Informationsblatt, das an die Besucher der Potsdamer Friedenskirche ausgeliehen wird und auch käuflich erworben werden kann. Dort heißt es unter anderem:

"Viele Menschen empfinden eine tiefe Sehnsucht nach spiritueller Erfahrung. Sie sind auf der Suche nach dem Heiligen. Die Erhabenheit der Friedenskirche und des umliegenden Ensembles nimmt diese Sehnsucht auf. Zwar ist Gottes Gegenwart nicht an Kirchengebäude gebunden, aber wir Menschen brauchen diese sinnlichen Erfahrungsräume für die Vergewisserung unseres Glaubens."

Das ist, finde ich, sehr schön und treffend gesagt. Weiter heißt es in dem genannten Informationsblatt:

"Der König weihte die Kirche 'dem Friedefürsten Jesu Christo unserem Herrn'. Damit wollte er einen eigenen theologischen Akzent setzen. Neben dem Palastbezirk, der ein Leben 'ohne Sorgen' ('Sanssouci') als höchstes Gut zu setzen schien, sollte fortan die Friedenskirche auf die christliche Lebensperspektive verweisen."

Mit Freude las ich auch, dass die Friedenskirche (im Gegensatz zu anderen Potsdamer Kirchen) die Kriegs- und Nachkriegszeit unbeschadet überstand und in ihr seit ihrer Errichtung ohne Unterbrechung sonn- und feiertags evangelischer Gottesdienst stattfindet. Dies ist in dem Teil des wiedervereinigten Deutschlands, in dem jahrzehntelang eine religionsfeindliche, atheistische Partei an der Macht war, etwas Besonderes. Wie viele Kirchen, vor allem in kleineren Städten und Gemeinden, sind sonntags so gut wie leer, wurden geschlossen oder zu Museen umgewandelt!

Herrn Stadtkirchenpfarrer Martin Vogel und seinen Mitarbeitern bin ich für die genannten Ausführungen dankbar. Weiteres über die Friedenskirche findet man im Internet unter http://evkirchepotsdam.de/frieden/system.asp. (2004)

Ergänzung 1
Anders als Friedrich II. auf Schloss Sanssouci, der sich "der Große" nennen ließ und bis heute so genannt wird, war Friedrich Wilhelm IV. nicht am Kriegführen interessiert. Er war künstlerisch begabt, arbeitete eng mit den berühmten Architekten Karl Friedrich Schinkel und Friedrich August Stüler zusammen und ließ außer der Potsdamer Friedenskirche in Berlin und Umgebung weitere Kirchen bauen. Politisch hielt er an dem schon seit über einem Jahrtausend in Europa bestehenden Prinzip des "Gottesgnadentums" der Könige und Kaiser fest. Von ihm hatte er eine religiös bestimmte Vorstellung. [1] Gegenüber seinen Untertanen empfand er sich als väterlichen Freund. Deshalb war er bestürzt und erschüttert über die am 18. März 1848 in Berlin ausgebrochenen Barrikaden- und Straßenkämpfe, die viele Todesopfer forderten. Damit hatte er nicht gerechnet.[2],[3] – Eine heutige, linksgerichtete Berliner Aktivistengruppe [4] erinnert auf ihre Weise [5] an die damaligen Vorgänge. Den Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober mit dem Gedenken an die friedliche Revolution gegen das Unrechtssystem der "DDR" und die Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit lehnt sie ab und möchte, dass er durch den 18. März ersetzt wird.
Ergänzung 2
Das von der kommunistischen SED 1950 abgerissene Berliner Hohenzollernschloss wird wieder aufgebaut. Zu den Baufortschritten im Jahre 2015 s. [6]. Um die Schlosskuppel herum ließ der fromme König Friedrich Wilhelm IV. aus vergoldeten Buchstaben auf blauem Grund die Inschrift „Es ist keinem anderen Heil, es ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, denn der Name Jesu. Zu Ehren des Vaters, dass im Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind“ anbringen. Sie ist eine Zusammensetzung aus der Apostelgeschichte Kapitel 4, Vers 12 und dem Philipperbrief Kapitel 2, Vers 10. (Das in [6] erwähnte Humboldt-Forum ist ein wichtiger Bestandteil des rekonstruierten Schlosses.)

[1] http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/kalenderblatt/1349164/
[2] http://de.wikipedia.org/wiki/Barrikadenaufstand
[3] "An meine lieben Berliner"
[4] http://www.maerzrevolution.de/
[5] http://www.helmutcaspar.de/aktuelles10/gesch10/maerz.htm
[6] http://www.helmutcaspar.de/aktuelles15/blnpdm15/insoffene.htm   ganze Homepage


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